Wie mich ein schrecklicher Schicksalsschlag zu einer besseren Führungskraft werden ließ

by | 3 Nov 2020 | Karriere, Leadership

Muss sich Führung stetig verändern, zum Vorteil aller Beteiligten? Ist der bisherige Führungsstil unter den heutigen Vorzeichen noch aktuell?! Diese Fragen werden gerade, mitten im derzeitigen Umbruch der Arbeitswelt, hitzig diskutiert. Es gibt eine Vielzahl von Mitarbeiterbefragungen, Unternehmensanalysen und Organisationsuntersuchungen, die zum Ziel haben herauszufinden, welche Faktoren gute Führung ausmachen. Doch trotz der vielen Studien und sonstigen Erkenntnisse, die wir in den letzten Jahrzehnten gewonnen haben, scheint uns immer noch nicht so ganz klar zu sein, was gute Führung tatsächlich ausmacht. In meiner Zeit als Führungskraft lag es auch mir am Herzen, alles Wissen um mich herum aufzusaugen, um möglichst allen gerecht zu werden. Doch ein einziges, einschneidendes Erlebnis gleich zu Beginn meiner Führungskarriere hat mir die Augen dafür geöffnet, was gute Führung ausmacht. Seitdem bin ich ein überzeugter Fan der werteorientierten Führung und wende mein Wissen und meine Erfahrung heute als Business- und Führungskräfte-Coach bewusst für meine Klienten an. Lesen Sie in diesem Blogbeitrag, welche Geschichte mich einerseits erschütterte und andererseits wegweisend in meiner Entwicklung als Führungskraft unterstützte.

Als er mir das erzählte, glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen. Sie hatte gestern ihren geliebten Mann und den Vater ihrer beiden schulpflichtigen Kinder bei einem tödlichen Autounfall verloren und stand heute in der Werkshalle bei der Arbeit – dicht umringt von ihren Kolleginnen.

Mein entscheidendes Learning

Diese Nachricht war der Beginn eines der größten Learnings, die ich bei meinem damaligen Arbeitgeber in der Textilbranche gleich während der ersten Tage als frischgebackene Führungskraft mitnehmen durfte.

Gemeinsam mit meiner Kollegin, ebenfalls aus dem Führungskreis eines internationalen Herstellers von Damenoberbekleidung des Premiumsegments, machte ich mich an diesem sonnendurchfluteten Werktag mit dem Auto auf die Reise von München nach Oberitalien, zum Firmensitz eines bedeutenden Stoffherstellers.

Dort sollten die kommenden Saisonen geplant, neue Stoffkompositionen besprochen und die Vorstellung meiner Person als neue Führungskraft im Team vorgenommen werden.

In großer Vorfreude trat ich diese Dienstreise an und war gespannt, wie die Interessen meines damaligen Arbeitgebers und die des Stoffherstellers miteinander am besten verwoben werden konnten. Dass ich allerdings davon zurückkehren und die menschliche Dimension von Führung mit im Gepäck haben würde, das ahnte ich nicht. Genauso wenig wie mir bewusst war, dass dies die entscheidende Seite der Medaille ist, wenn es um gute Führung geht.

Motivation Fehlanzeige

Neuste Studien belegen, dass Punkte wie Arbeitsplatzsicherheit, ein höheres Gehalt, weniger Stress oder nette Kollegen für die meisten Befragten in Deutschland nicht wirklich ausschlaggebend für die Arbeitszufriedenheit sind.

Stattdessen wird das Verhältnis zum Vorgesetzten und dessen Unterstützung, in beruflichen wie privaten Angelegenheiten, z.B. in Bezug auf Familienfreundlichkeit, als das wichtigste Element angegeben.

Doch genau hierin besteht in Deutschland noch reichlich Luft nach oben. Ausreichend Unterstützung durch den Vorgesetzten erfahren subjektiv empfunden nur 69 Prozent der Befragten gegenüber 81 Prozent im EU-Durchschnitt (Hammermann/Stettes, 2013).

Deshalb sind, laut des aktuellen „Employee Expectations Report“ von Peakon, je nach Branche, in Deutschland nur bis zu einem Drittel der Arbeitnehmer wirklich motiviert und engagiert:

Gut vorbereitet auf den Führungsalltag?!

Wie viele andere junge Führungskräfte auch, wurde ich damals nach meiner Beförderung auf einen zweitägigen Führungskräftekurs geschickt, um mir alle arbeitsrechtlichen Grundlagen einzuverleiben. Der Schwerpunkt dieses Trainings lag auf dem Führen von Prozessen bei Krankschreibungen von Mitarbeitern, notwendigen Abmahnungen und Zuwiderhandlungen am Arbeitsplatz. Worum es aber NICHT wirklich ging, war das, was ich auf dieser ersten Dienstreise für immer gelernt und verinnerlich habe: um das werteorientierte Führen von Menschen.

Während ich meine ersten Erfahrungen im Führungsalltag sammelte, lernte ich schnell, dass die Informationen aus dem besuchten Seminar sicherlich gut gemeint, aber leider nicht gut gemacht, sprich wenig zielführend waren.

Denn was genau soll gute Führung bewirken? Sie soll Mitarbeiter nicht nur motivieren, sondern begeistern. Diese Begeisterung erzeugt eine höhere Flexibilität des Unternehmens, die wiederum eine wichtige Voraussetzung für dessen Erfolg in der Zukunft darstellt. Nur in einem guten Betriebsklima gedeiht der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens.

Und genau das fand ich damals bei meinen Kollegen aus dem Führungskreis nicht vor. In deren Teams gab es nur verhärtete Konflikte, einen hohen Krankenstand und noch höhere Kündigungsraten. Eine Angstkultur hatte sich überall auf den Fluren verbreitet und ich wollte genau diese Atmosphäre nicht auch in meinem Team erleben.

Doch wie kann ich bei meinen Mitarbeitenden Vertrauen wecken, möglichst viel Eigeninitiative erzeugen und frische Ideen für die Märkte von morgen sammeln?

Aus der Hirnforschung (vgl. Hüther, 2010) wissen wir heute, dass es einen Zustand gibt, in dem Menschen ihr maximales Potenzial entfalten, unabhängig vom Lebensalter. Das ist der Zustand der persönlichen Begeisterung bei der Arbeit. Deshalb kommt es für die Potenzialentfaltung des Mitarbeiters vor allem darauf an, wie wichtig er oder sie selbst die eigene Tätigkeit einschätzt, um dann mit vollem Engagement bei der Sache zu sein.

Volle Potenzialentfaltung – eine unglaubliche Geschichte

Und genau in dieser Tatsache schließt sich der Kreis zu der bei dem Lieferanten erlebten Situation. Die Teammitglieder, die ich damals persönlich vor Ort in Oberitalien kennenlernen durfte, versprühten eine große Begeisterung für ihre Arbeit – doch genauso für ihre direkten Kolleginnen, für die sie sich mitverantwortlich fühlten.

Steigen Sie mit mir ein in diese unglaubliche und doch wirklich erlebte Geschichte. Sie werden sicherlich genauso berührt davon sein, wie ich es bis heute bin:

Verspätet kamen wir auf dem Kundenparkplatz des berühmten Stoffherstellers in Oberitalien an, nachdem uns ein Verkehrsstau nach dem anderen von unserer angekündigten Uhrzeit ausgebremst hatte.

Neugierig auf das, was ich nun gleich – gemeinsam mit meiner damaligen Kollegin – mit dem dortigen Geschäftsführer besprechen würde, gingen wir schnellen Schrittes in die Werkshalle, in der sich riesige Webstühle befanden, hochtechnisierte Prozesse zu besichtigen waren und es – trotz viel moderner Robotik – dennoch einen gewissen Lärmpegel gab.

Der Geschäftsführer holte uns persönlich an der Pforte ab und gemeinsam gingen wir durch die Maschinenhalle, um am Ende über eine Wendeltreppe auf eine schmale Balustrade zu gelangen, von wo aus wir nur noch wenige Meter zum Büro des Geschäftsführers gehen mussten.

Während ich auf der Balustrade lief, blieb ich plötzlich stehen, lehnte mich ein wenig über die Kante und beobachtete eine Gruppe von Mitarbeiterinnen, die eine Kollegin eng umringten. Sie vermittelten mit ihren Gesten und Worten den Eindruck, als würden sie die Kollegin in ihrer Mitte ermuntern und für die Arbeit an den modernen Webstühlen vorbereiten. Ich begann – für mich selbst unmerklich – zu lächeln, denn es gefiel mir einfach, was ich zu sehen bekam. Ich verstand zwar kein Wort von dem, was die Frauen ihrer Kollegin mitteilten, doch irgendwie wirkte das Szenario auf mich, als gäbe es sowohl einen guten Zusammenhalt als auch eine angenehme Arbeitsatmosphäre untereinander.

Mehr als nur ein guter Zusammenhalt im Team

Dies antwortete ich auch, als mich der Geschäftsführer plötzlich fragte, warum ich denn beim Blick über die Balustrade lächelte? Als wir dann in seinem Büro ankamen, dort Platz nahmen und mit der berühmten Tasse Kaffee begrüßt wurden, erzählte er mir etwas, das ich in diesem Moment einfach nicht glauben wollte:

Eine seiner Mitarbeiterinnen, die noch gar nicht lange im Team war, hatte am Vortag ihren Ehemann bei einem tödlichen Autounfall verloren. Mir stockte der Atem.

Als ich wieder ein Wort herausbekam, fragte ich, wie Sie sich jetzt vermutlich beim Lesen auch:

„Warum ist sie denn dann hier?“

Ich war einfach der – irrigen, wie ich noch begreifen sollte – Auffassung, dass diese Frau, die gerade den heftigsten Wendepunkt ihrer Biografie verarbeiten musste, inmitten ihrer Trauer zu nichts mehr in der Lage sein und bestimmt jetzt nicht einfach zurück zur Normalität kehren konnte, heute Morgen doch nicht einfach an ihrem Arbeitsplatz erschienen sein konnte! Der Geschäftsführer aber erklärte mir Greenhorn, was es genau damit auf sich hatte:

Grazia Maria, so der Name der Mitarbeiterin, fühlte sich seit Beginn ihrer Arbeit in diesem Team und dem Unternehmen sehr wohl. Sie wurde von den Mitarbeiterinnen, die schon seit vielen Jahren im Betrieb waren, geworben und daher kannte sie viele von ihnen bereits seit Längerem aus dem Privatleben.

Die Frauen bildeten untereinander ein eingeschworenes Team. Sie waren verlässliche Partnerinnen und gingen sehr verantwortungsbewusst miteinander um. Sie liebten die Qualitätsstoffe, die sie täglich über die Webstühle zu ganzen Stoffballen fertigten und die dann in alle Welt transportiert wurden, um daraus hochwertige Businesskleidung herzustellen. Und schlussendlich liebten sie ihren Chef. Warum das so war, verstand ich erst viel später.

Nichts wird mehr sein wie vorher – ein tragisches Ereignis

Als Grazia Maria gestern Abend gemeinsam mit ihren beiden schulpflichtigen Kindern von 12 und 14 Jahren von einer Polizeistreife in ihrer Wohnküche darüber informiert wurde, dass ihr Mann den herannahenden Sattelschlepper, der in ein Stauende fuhr, nicht überlebte, brach sie wimmernd zusammen. Ein psychologischer Helfer war mit im Team der Polizisten und leistete ihr als Ersthelfer Beistand. Außerdem bot er ihr die erste starke Schulter, die sie von jetzt auf gleich dringend brauchte.

Den Kindern ging es nicht viel besser, das musste mir der Geschäftsführer nicht wirklich erklären, doch eines war noch an diesem Abend aus dem Munde von Grazia Maria zu hören gewesen:

„Ich muss sofort Maurizio anrufen!“

Damit war der Geschäftsführer gemeint, der uns gegenübersaß und mit Tränen in den Augen weitererzählte:

Am Telefon erklärte sie ihm gefasst und dennoch unter Schock stehend, dass sie ihn fragen wolle, ob es möglich sei, dass sie trotzdem morgen wieder zur Arbeit erscheine.

Völlig irritiert und unsicher, wie er mit dieser Bitte umgehen sollte, stellte er Grazia Maria weitere Fragen und bekam zu hören, dass ihr Kolleginnenteam ihr die beste Stütze sein werde, weil dieses immer am persönlichen Wohlergehen jedes Teammitglieds interessiert sei und sie sich vorstellen könne, dass ihr der Kontakt mit den anderen in ihrem aktuellen emotionalen Ausnahmezustand wohl am besten täte. Sie brauche jetzt die Möglichkeit, ihre Fragen und Ängste laut auszusprechen und genauso die wertvollen Antworten derer, die ihr so ans Herz gewachsenen waren. Sie alle seien ihre Familie, jetzt mehr denn je.

Der Geschäftsführer hatte ihr als erstes angeboten, dass er jederzeit eine finanzielle Extrazuwendung an sie auszahlen würde, damit sie ausreichend Geld hätte, um die Beerdigung und alle damit zusammenhängenden Kosten zu begleichen.

Im gleichen Atemzug gab er ihr das Versprechen, dass sie jederzeit Urlaub bekäme – wann immer sie es brauche – damit sie sich den Geschehnissen wirklich widmen könne. Er gebe ihr – auch noch zu einem späteren Zeitpunkt – bezahlten Extraurlaub, wenn sie das wolle. Und werde er sich umhören, welche Hilfsmaßnahmen in ihrem Falle jetzt hilfreich wären. Er dachte dabei an eine Art Reha-Maßnahme namens „Mutter-Kind-Kur“ oder einen Gesprächskreis für Trauernde.

Als zweites kam er auch ihrem Wunsch nach, mit dem Hinweis, er werde alle Kolleginnen umgehend informieren und auf morgen vorbereiten, so dass Grazia Maria nur diesen einen Anruf tätigen musste, der ihr schon erkennbar schwergefallen war. Sie willigte ein, bedankte sich und legte den Hörer auf.

In dieser Nacht blieb der Herr vom psychologischen Dienst an der Seite von Grazia Maria und ihren Kindern. Ebenso wurden weitere Familienmitglieder informiert, die sofort ins Haus der Witwe geeilt kamen.

Die Kolleginnen und der Geschäftsführer als Stütze

Ihre Kolleginnen jedoch nahmen den Staffelstab solidarisch in die Hände. Sie organisierten noch in derselben Nacht einen Begleitungsplan, der dafür sorgen sollte, dass ihre so schwer verwundete Kollegin nie alleine bleiben müsste, außer sie bestünde explizit darauf. Diese herausragende Führung lehrte auch den Geschäftsführer Maurizio in Windeseile, was es bedeutet, nicht nur für externe, sondern im gleichen Maße auch für interne Kunden da zu sein.

Am nächsten Morgen, dem Tag, an dem ich mittags mit meiner Kollegin zu Besuch kam, begrüßten sie die verwitwete Mitarbeiterin zunächst mit einem tosenden Applaus – die Tränen flossen bei allen gleichermaßen und dieser Moment hinterließ selbst bei mir, die dies nur aus Erzählungen vernahm, Gänsehaut.

Mit einem großen Brunchbuffet ging es für Grazia Maria weiter. Die Kolleginnen setzen sich alle um sie herum, nahmen sie auch im übertragenen Sinne in ihre Mitte auf, aßen mit ihr und hörten ihr einfach nur zu. Sie waren ständig um sie, fanden einen gangbaren Weg, wie sie die Arbeit mit der Trauerbewältigung verbinden konnten und kümmerten sich sehr liebevoll um ihre Kollegin.

Der Rhythmus aus Hinsetzen, Erzählen, Weinen und getröstet werden sowie Aufstehen, Arbeiten, Qualitätskontrolle und Übergabe an die nächste Abteilung erwies sich über den Vormittag für Grazia Maria als sehr hilfreich und stabilisierend. Im Hintergrund sorgte Maurizio dafür, dass allen Teammitgliedern der Rücken freigehalten wurde. Er organisierte aus anderen Abteilungen Mitarbeiter, die sich um Zwischenschritte, um Postsendungen und sonstige Dinge kümmerten, die aufgrund der intensiven Beschäftigung mit Grazia Maria sonst vernachlässigt worden wären.

Nach ihrem Arbeitstag wurde sie von einer Kollegin nach Hause begleitet. Diese Kollegin half Grazia Maria bei der Hausarbeit, bei der Betreuung der Kinder und beim weiteren darüber Reden und ohnmächtig sein ob dieser furchtbaren Nachricht. Sie blieb auch über Nacht und begleitete die Kollegin am nächsten Morgen wieder zurück in ihr geliebtes Team und an ihren geliebten Webstuhl.

Mit diesem Netz aus Fürsorge und menschlicher Nähe hatten ihre Kolleginnen sie alle gemeinsam umhüllt, so dass Grazia Maria für die kommenden Monate nie alleine gelassen wurde, stets Ansprechpartner hatte und echte, ehrliche sowie praktische Unterstützung erfuhr, am Tiefpunkt ihres Lebens angekommen.

Was Grazia Maria nicht wusste: auch ihr Chef Maurizio hat sich in diese Organisation mit eingebracht und stellte den Fuhrpark für die Kolleginnen zur freien Verfügung, bezahlte nötige Utensilien, die das Leben von Grazia Marias Familie vereinfachen sollten, und löste aufkommende Konflikte, weil einige aus dem Team durch dieses unvorhergesehene Unglück an der ursprünglichen Urlaubs- und Karriereplanung nicht mehr festhalten konnten.

Mehr Eigenverantwortung für den Einzelnen

Der Geschäftsführer erklärte mir, dass er früher auch oft darüber geschimpft hätte, dass wieder alle Frauen zusammenstehen und sich „nur“ unterhalten, anstatt der Arbeit nachzugehen. Doch dieses Erlebnis habe ihm – wie ein Blitzschlag – verdeutlicht,

  • wie wichtig der persönliche Dialog untereinander ist,
  • wie unerlässlich die gute Arbeitsatmosphäre davon abhängt,
  • dass sich ein Team menschlich gut leiden und vertragen kann
  • und wie elementar es ist, seinen Mitarbeitenden selbst die Verantwortung dafür zu übertragen, wie sie sich ihre Arbeit einteilen bzw. auf welchem Weg sie zum Ergebnis kommen.
Hauptsache, er komme mit den zugesagten Lieferterminen nicht in Verzug. Mit etwas Abstand schob er noch hinterher, dass er unheimlich stolz auf sein ganzes Team sei – während er gleichzeitig um Fassung rang.

Jedem Teammitglied individuell mehr Eigenverantwortung zu übertragen ist nach meiner Erfahrung eine der schwierigsten und aufwändigsten Arbeiten, die eine Führungskraft zu bewältigen hat. Die Schwierigkeit liegt darin, dass natürlich jeder Mitarbeiter anders ist und deshalb auch nicht jeder die gleichen Bedingungen braucht, um eigenverantwortlich seine Arbeit tun zu können.

Ein Mitarbeiter beispielsweise, der den Wert Sicherheit als einen Kernwert für sich definiert hat, wird feste Strukturen und eine enge Führung benötigen, um Eigenverantwortung übernehmen zu können. Ein anderer, der den Wert Unabhängigkeit als Kernwert lebt, will genau das nicht und fühlte sich sofort gegängelt, würde er wie sein sicherheitsmotivierter Kollege geführt werden.

Deshalb ist es zwingend erforderlich, jedes Teammitglied möglichst genau zu kennen sowie über sein Wertesystem halbwegs gut Bescheid zu wissen, damit optimale Bedingungen für werteorientiertes Führen vorhanden sind.

In nur einer einzigen, 90-minütigen Sitzung vermittle ich meinen Klienten das gesamte dafür notwenige Wissen: sie lernen anhand eines wissenschaftlichen Modells die vier Grundbestrebungen einer Persönlichkeit inklusive der wichtigsten Wertesysteme kennen und einzuschätzen.

Die Hausaufgabe meiner Coachees besteht dann im Anschluss darin, ihr gesamtes Team einzuordnen, und so die optimale Voraussetzung dafür zu schaffen, dass jeder die individuelle Art von Führung erhält, die er oder sie benötigt, um stärker in die Eigenverantwortung zu kommen.

In möglichen Folgecoachings werden Besonderheiten und individuelle Herausforderungen besprochen, so dass auch die Führungskraft selbst erst einmal die Reise zum eigenen Persönlichkeitstyp unternimmt, bevor über das Potenzial der Teammitglieder gesprochen wird.

Hier gibt es regelmäßig Aha-Erlebnisse, weil plötzlich klar wird, dass ein bestimmter Mitarbeiter nicht „böse“ oder „schwierig“ ist, sondern nur ganz anders tickt als die Führungskraft selbst. Auch das Verständnis dafür gehört dazu, selbst mehr Verantwortung für sich und seine Teammitglieder zu entwickeln. Wenn Sie es selbst einmal ausprobieren wollen, um Klarheit darüber zu erhalten, wie Ihr Team gestrickt ist, dann schreiben Sie mir doch einfach jetzt eine Nachricht:

In meinen ersten Gehversuchen als Führungskraft lernte ich genau durch dieses erschütternde Ereignis, dass ich viel mehr über meine Mitarbeitenden wissen muss, um bestmögliche Unterstützerin sein zu können.

Ich schnappte damals einen Satz auf, der so viel bedeutete wie „Führung ist Dienen“, und der mich fortan als eine Art Mantra bei meinem persönlichen Umgang mit den Mitarbeitern begleitete. Ich gewöhnte mir damals an, viel öfter das direkte Gespräch zu suchen, mal mit und mal ohne konkreten Aufhänger. So verstand ich zunehmend, wer wie tickte und wer welche Führungsarbeit von mir benötigte, um sich bestmöglich zu entfalten.

Emotionale Kompetenz bedingt Menschlichkeit

Ich war damals so geplättet von diesem Ereignis und den vom Geschäftsführer Maurizio daraus gezogenen Erkenntnissen, dass meine eigentliche Mission, nämlich für meinen Arbeitgeber gute Konditionen und Lieferbedingungen zu verhandeln, völlig in den Hintergrund trat. Doch gerade, weil uns diese Geschichte miteinander in menschlicher und empathischer Weise verband sowie Mut machte, verabredeten wir Win-Win-Konditionen für unser beider Häuser.

Die Emotion im Führungshandeln ist ein maßgeblicher Faktor, wenn Menschen im Herzen erreicht werden sollen, um gemeinsam als starkes Team eine heftige Turbulenz zu meistern. In diesem Covid-19-Jahr wurde uns das allen an der ein oder anderen Stelle bewusst. Denn gerade jetzt wird offensichtlich, dass sich die Anforderungen an Führung nochmals stark verändert haben. Lesen Sie dazu auch einen kürzlich von mir veröffentlichten Blogbeitrag, der am Beispiel meiner heutigen Arbeit mit meinen Klienten verdeutlicht, dass soziale und emotionale Kompetenzen Voraussetzung für gelingende Führung sind.

Gemeinsam sprachen meine Kollegin und ich nicht nur mit Maurizio über dieses tragische Ereignis und die vielen wundervollen Ergebnisse aus seinem Team, sondern nahmen es auch mit auf den Heimweg zurück nach München, um es dort angekommen sofort in unsere Teams weiterzutragen.

Auch in den nächsten Monaten und Jahren arbeiteten wir eng mit Maurizios Unternehmen zusammen und hörten immer wieder davon, wie sehr dieses einschneidende Ereignis dazu beitrug, dass alle Mitarbeiter – egal welcher Hierarchiestufe und welcher Abteilung zugehörig – viel stärker in die Eigenverantwortung kamen, die von Maurizio festgelegten Ziele gemeinsam erreicht, doch dabei ganz unterschiedliche Wege gegangen wurden. Selbst eine Mitarbeiterstiftung wurde ins Leben gerufen, für die sich alle fächerübergreifend engagierten, um bei solchen Tragödien sofort helfen zu können.

Dies blieb auch vielen in der Branche nicht verborgen. Sie können sich sicherlich längst vorstellen, dass Maurizio sich um den Nachwuchs und die Mitarbeitersuche wenig Gedanken machte musste. Die vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre machte damals groß Schule, so dass sich das Unternehmen die besten Talente aus dem Kuchen der Bewerber herauspicken konnte.

So sieht werteorientierte Führung aus

Damals bekam ich das erste Mal einen praktischen Eindruck von werteorientierter Führung und es wurde mir sofort bewusst, welche persönlichen und unternehmerischen Werte Maurizio mit seinem Führungshandeln seinem Team vorlebte – und das sind nur die wichtigsten in dieser Ausnahmesituation:

  • Solidarität
  • Fürsorge
  • Verantwortung
  • Besonnenheit
  • Flexibilität
  • Vertrauen
  • Weitsicht
  • Verlässlichkeit
  • Wertschätzung
  • Respekt
  • Authentizität
  • Nächstenliebe

Eine gute Beziehung zwischen Mitarbeitenden und dem Chef bzw. der Chefin ist ein wesentlicher Treiber für einen gelingenden Umgang am Arbeitsplatz und damit eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre. Darüber hinaus sanken der Krankenstand und die Kündigungsquote in Maurizios Team auf einen historischen Tiefpunkt. Die ihm so wichtigen Kundenzusagen aus aller Welt wurden sogar noch vor dem vorausgesagten Liefertermin gemeistert.

Folgende Aspekte werden von Mitarbeitern maßgeblich für eine solch gelingende Arbeitsbeziehung von ihren Vorgesetzten erwartet:

  • Respektvolles und nicht übergriffiges Verhalten
  • Erfolgreiches Lösen von zwischenmenschlichen Konflikten
  • Sinnvolle Planung und realistische Organisation
  • Beteiligung an wichtigen unternehmerischen Entscheidungen.

All dies gelingt natürlich sehr viel leichter, wenn sich Führungskräfte in einem Unternehmen befinden, in dem das werteorientierte Führungshandeln als selbstverständlich gilt, weil es die Basis für die Unternehmenskultur darstellt.

Andere Zeiten – andere Werte

Nun werden Sie – völlig zurecht – sagen, dass doch jedes Unternehmen Werte hat, so wie auch jeder Mensch nicht ohne Werte ist.

Mir geht es dabei vor allem darum, dass werteorientierte Führung bedeutet, dass diese nicht ausschließlich für Marketingzwecke aus dem Hut gezaubert wird, sondern den wahren und demokratischen Unterschied macht, in dem die Haltung aller maßgeblich verantwortlichen Entscheider ein bindendes Versprechen ist, die eigenen Werte in allen Situationen (guten wie schlechten) tatsächlich auch zu leben, weil der einzelne Mitarbeiter, und nicht wie in früheren Zeiten, eine reine Gewinnmaximierung im Vordergrund steht.

Die ehemals postulierten Ziele, die sich Unternehmen steckten, werden zukünftig andere sein, und Maurizio, so weiß ich heute, war seiner Zeit weit voraus. Das Covid-Jahr 2020 ist ein Jahr mit tiefgreifenden Veränderungen. Diese Transformation bezieht sich auch auf unternehmerische Grundannahmen.

Gelungene Führung bedeutet deshalb aus dieser Erfahrung heraus für mich vor allem einen kontinuierlichen Prozess in ständiger Interaktion mit den Mitarbeitern.

Auf diese Weise werden ein glaubwürdiger Rahmen und eine gemeinsame Orientierung geschaffen – nicht verhandelbar, aber als echter Leitstern strahlend. Wenn eine Führungskraft auch noch einen Vorgesetzten erlebt, der ihn oder sie genauso führt, wie diese wiederum ihre Teams selbst führen, dann wird Vorbildfunktion nicht nur ernst genommen, sondern auch praktisch über alle Hierarchien hinweg gelebt. Dies sorgt für den nachhaltigsten Eindruck bei Mitarbeitenden und stellt den sogenannten Gamechanger dar.

Fazit

Der hier skizzierte wertorientierte Führungsstil des Geschäftsführers zeigt auf, welche innere Haltung dabei hilft, sich eine moderne, mitarbeiterorientierte Führung anzueignen, die gute Arbeitsbeziehungen fördert und aus Angstkulturen Vertrauenskulturen macht.

Führung muss authentisch und glaubwürdig, aber eben nicht unveränderlich oder gar starrsinnig sein.

Das sich stetig verändernde Umfeld, an das sich die Führungskräfte eines Unternehmens anpassen müssen, stellt eine permanente Herausforderung an erfolgreiche Führung dar, weil sich diese dabei stets an den sich wandelnden Arbeitsanforderungen orientieren muss.

Der Arbeitsalltag in der jetzigen Coronazeit hat viele Arbeitsumfelder und -abläufe völlig auf den Kopf gestellt.

Klare Kommunikation, Transparenz und die Teilhabe der Beschäftigten waren schon im ‚regulären‘ Arbeitsalltag wichtig, sind jetzt aber noch entscheidender geworden.

Wir alle können diese Zeit der Krise als Chance nutzen und uns und unser Unternehmen fit für die Zukunft machen. Gerade in Bezug auf die Führungskultur bieten sich hier vielfältige Möglichkeiten der Weiterentwicklung.

Wenn auch Sie in Ihrem Team eine Atmosphäre schaffen möchten, in der man sich absolut vertraut, dem anderen eine Stütze ist, gemeinsam auf Ziele hinarbeitet und so vereint nach Erfolg strebt, dann kontaktieren Sie mich gerne. Gemeinsam definieren wir Ihr Wertegerüst und entwickeln dann Ihren werteorientierten Führungsstil.

Zögern Sie nicht – ich bin nur einen Klick weit von Ihnen entfernt. Rufen Sie mich an oder schreiben Sie mir einfach jetzt eine Nachricht.

Ihre Franziska Ambacher

Ihr Inspirationsfeuerwerk für Werte-orientierte Veränderung

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